In Begleitung von...Ein Tag in Begleitung einer Denkmalpflegerin

Früher Mittwochmorgen, die ersten Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg in die Altstadt von Sitten. In diesem angenehmen Frühlingswetter begeben wir uns zum Standort der Dienststelle für Immobilien und bauliches Erbe, am westlichen Ende der « Place du Midi ». Dort erwartet uns Maria Portmann, die einzige Denkmalpflegerin des baulichen Erbes im Kanton Wallis. Wir wollten wissen, wie ein typischer Tag im Leben einer Denkmalpflegerin aussieht.

Maria Portmanns Arbeitsplatz sieht ganz gewöhnlich aus. Ein Pult, ein Computer, sehr viel Papier, Unterlagen und ein paar Hefte und Broschüren. Bei genauerer Betrachtung des Grossraumbüros fallen jedoch die mit unzähligen Büchern gefüllten Regale auf. Ein erster Hinweis auf die Bedeutung von Archiven im Beruf der Denkmalpflege. « Die Denkmalpflege ist ein multidisziplinärer Beruf. Er vereint die Berufsfelder der (Kunst-) Historiker und der Architekten. », erläutert Frau Portmann, « Das macht die Einzigartigkeit des Berufs aus. » Sie, als promovierte Kunsthistorikerin, arbeitet im Berufsalltag eng mit den Architekten der Dienststelle für Immobilien und bauliches Erbe zusammen. Die Architekten übernehmen bei der Denkmalpflege die Begleitung auf der Baustelle und Frau Portmann als Denkmalpflegerin kümmert sich um die administrative und wissenschaftliche Abwicklung des Projekts.

Der Inhalt dieser Bücher ist teilweise online verfügbar. (Mobile Version )

Frau Portmann führt uns in einen kleinen Raum hinter ihrem Büro, der sich als Bibliothek entpuppt. Etliche Bücher zum baulichen Erbe türmen sich erneut in den Regalen. Sie erzählen die Geschichte, Besonderheiten und Restaurierungen der Bauten. Von Sammlungen zu Ausgaben spezifischer Denkmäler von Bezirken oder der Schweizerische Kunstführer bis zu einer Kollektion, die alle Schweizer Ortsbilder von nationaler Bedeutung beinhaltet – allerhand findet sich in diesen Regalen ein.

Doch was ist denn genau ein Denkmal? Die Denkmalpflegerin erläutert: « Der Begriff ‘Denkmal’ wird auf Gebäude und Bauwerke angewandt, die für ihre Epoche von besonderer Bedeutung sind. Sie sind aufgrund ihrer territorialen Lage in einem bebauten Gebiet oder in der Landschaft von Bedeutung und sind aus historischer, wissenschaftlicher, religiöser, kultureller, sozialer oder ethnografischer Sicht bedeutende Zeitzeugen ihrer Epoche. Sie müssen erhalten werden, weil sie eine wichtige historische Substanz bewahren, die von einem bestimmten traditionellen oder wissenschaftlichen Know-how zeugt, dass durch seine Weitergabe aufgewertet werden muss. Es steht für das Wertvollste aus vergangenen Zeiten. Dieses Erbe soll in seiner Substanz zukünftigen Generationen überliefert werden. Als Denkmalpfleger ist es somit unsere Aufgabe, die Vergangenheit hervorzuheben und solche Zeugnisse mitsamt ihrer Bauart an zukünftige Generationen zu übergeben. Wir sensibilisieren die Öffentlichkeit durch Publikationen und punktuelle Veranstaltungen.».

Was als historisches Denkmal nationaler Bedeutung klassifiziert wird, entscheidet der Bund auf Antrag des Kantons. Es gibt Denkmäler, historische Stätten und Wege nationaler, regionaler und kommunaler Bedeutung. So sind die Findelbachbrücke in Zermatt und das Schloss Mercier in Siders Denkmäler von nationaler Bedeutung.

Das Schloss in Saint-Gingolph ist ein Beispiel für ein Denkmal von regionaler Bedeutung.

Eine interaktive Karte mit den klassifizierten Denkmälern kann eingesehen werden.

Wir sensibilisieren die Öffentlichkeit durch Publikationen und punktuelle Veranstaltungen.

Die Zeit läuft uns davon. Die Sonne steht bereits hoch am Himmel. Um 10.00 Uhr steht eine Besprechung auf dem Hügel Valeria an. « Die Festung mit der Kirche Valeria ist ein historisches Denkmal aus dem 12. und 13. Jahrhundert. Es ist als Denkmal von nationaler Bedeutung klassifiziert. Es sind gar die wichtigsten Restaurierungsarbeiten an einem Denkmal in unserem Kanton. », erklärt uns Frau Portmann während des Anstiegs. Auch das auf dem gegenüberliegenden Hügel stehende Schloss Tourbillon steht unter nationalem Denkmalschutz ebenso wie das umgebende Gelände. Tourbillon hat jedoch während des Erdbebens von 1946 starke Schäden erlitten, wohingegen das Schloss Valeria wenig Schaden davongetragen hat. Damit das Schloss auch weiterhin gut erhalten bleibt, muss es restauriert werden. «Jedes Denkmal muss restauriert werden und um dessen Verfall vorzubeugen, muss es ständig gewartet werden. Am Schloss Valeria werden seit 1987 Restaurierungsarbeiten vorgenommen. », erläutert die Denkmalpflegerin. Maria Portmann ist seit fünf Jahren, seitdem sie Ihre Arbeit als Denkmalpflegerin im Wallis begonnen hat, für die Restaurierungsarbeiten am Schloss Valeria zuständig. Als Projektleiterin gewährleistet sie zusammen mit ihrem Adjunkten, dem Architekten Benoît Coppey, die Koordination der verschiedenen Fachleute, das Zeitmanagement sowie den administrativen Teil der Restauration. Nebst den typischen Aufgaben einer Projektleiterin nimmt sie eine wichtige Rolle als Beraterin ein. Sie stösst zum Reflektieren und zur Diskussion zwischen den Fachleuten an. Dies ist ihre Hauptaufgabe während der heutigen Besprechung.

Jedes Denkmal muss restauriert werden und um dessen Verfall vorzubeugen, muss es ständig gewartet werden. Am Schloss Valeria werden seit 1987 Restaurierungsarbeiten vorgenommen.

Zuoberst auf dem Hügel angekommen, begeben wir uns ins Innere der mittelalterlichen Stätte. Inmitten von Gerüsten, Arbeitsutensilien und Kabeln wird Maria Portmann für die Besprechung erwartet. Die Besprechungsteilnehmer sind unter anderem der Architekt Christophe Amsler (beauftragter Architekt für die Baustelle), verschiedene Archäologen, Kunsthistoriker und Historiker, der Bundesexperte, die Direktorin der kantonalen Museen und der Direktor des Historischen Museums. Das Schloss Valeria ist ein Spezialfall. Äusserst diverse Berufsfelder sind an der Restaurierung des Schlosses Valeria aufgrund seiner Wichtigkeit als Denkmal beteiligt. Bei den Arbeiten gilt somit das Prinzip: « Das Gebäude mit seinen verschiedenen Restaurierungsperioden wiederherstellen und erhalten».

Äusserst diverse Berufsfelder sind an der Restaurierung des Schlosses Valeria aufgrund seiner Wichtigkeit als Denkmal beteiligt.

Bauleiter und Architekt Christophe Amsler ergreift das Wort und eröffnet die Besprechung. Auf der Tagesordnung stehen die Fortschritte der Restaurationsarbeiten an den oberen und unteren Teilen des Lettners (Trennwand zwischen Schiff und Chor aus dem 13. Jahrhundert) und schliesslich eine eventuelle mobile Lautsprecheranlage.

De gauche à droite : Marie-Paule Guex (archéologue, bureau InSitu), Romaine Syburra (directrice ad-interim des Musées Cantonaux), Olivier Guyot (Consortium Guyot-James), Jacques Bujard (expert fédéral), Ludovic Bender (archéologue, bureau InSitu), Maria Portmann (conservatrice cantonale des monuments historiques, cheffe de section Patrimoine, SIP).
Das Gebäude mit seinen verschiedenen Restaurierungsperioden wiederherstellen und erhalten.
De gauche à droite : Christophe Amsler (architecte), Olivier Guyot (Consortium Guyot-James), Jacques Bujard (expert fédéral), Benoît Coppey (architecte, SIP), Romaine Syburra (directrice ad-interim des Musées Cantonaux), Marie-Paule Guex (archéologue, bureau InSitu).

Im oberen Teil des Lettners befindet sich die Kreuzigungsgruppe, die von Johannes, der Jungfrau Maria und Jesus dargestellt wird.

Die Jesus-Statue wurde bereits restauriert. Sie wurde einzig gereinigt. Die Statue der Jungfrau Maria befindet sich noch in Restaurierungsarbeit.

Im unteren Teil des Lettners diskutieren die Fachleute über zerbrochene Steine an der Mauer. Es muss entschieden werden, ob die Steine restauriert, nur gereinigt oder aber entfernt werden sollen, da möglicherweise unter der Mauer eine weitere, noch ältere Steinschicht zum Vorschein käme. Es wird reflektiert, die jeweiligen Experten beraten sich und kommen zum Schluss, dass das Risiko eines Zerfalls zu gross ist. Deswegen wird die oberste Steinschicht nicht entfernt und einzig abgestaubt.

Anschliessend wird die Frage der aktuellen Technologie durch ein Lautsprechersystem im Chor (Platz nahe des Alltars) angesprochen. Die Anlagen müssen leicht zu transportieren sein, denn sie werden einzig für Veranstaltungen benutzt. Ansonsten werden sie in einem Raum aufbewahrt, um das Erscheinungsbild der mittelalterlichen und vorindustriellen Kirche als Denkmal zu wahren.

Zuletzt wird besprochen, wann das Baugerüst entfernt wird und die Fotos der abgeschlossenen Restaurierungsarbeiten gemacht werden. Die gesamte Restauration und die Ergebnisse werden dokumentiert. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen und technischen Forschung der Baustelle werden in Form eines Buches der Reihe der Kunstdenkmäler der Schweiz im Dezember 2022 herausgegeben. Maria Portmann erklärt, dass zeitgleich eine fünfjährige Restaurierungsphase zu Ende geht, jedoch eine weitere bereits vorbereitet wird. Die Restauration am Schloss Valeria ist ein langanhaltendes Projekt, das stets neue Baustellen birgt, die es ermöglichen, die Arbeit und Ausbildung in den Berufen des kulturellen Erbes aufzuwerten.

 

Die Restauration am Schloss Valeria ist ein langanhaltendes Projekt.

Doch was tut die Denkmalpflegerin nebst der Restaurierung des Schlosses Valeria?

Maria Portmann nimmt sich zu Beginn des Nachmittags nochmals Zeit und klärt uns auf. Der Grossteil ihrer Arbeit fällt in den administrativen Bereich. Falls Anträge auf Umwandlungen von Bauten eintreffen, analysieren ihre Arbeitskollegen diese Anträge und geben eine Vormeinung ab. In ihrer Funktion als Denkmalpflegerin überprüft sie diese Vormeinungen. Der letzte Bestandteil ihrer alltäglichen Aufgaben ist, in Zusammenarbeit mit ihrem Adjunkt Benoît Coppey, die Veröffentlichung des Wissens zu den Denkmälern auf einer online Plattform, die Redaktion und Koordination wissenschaftlicher Texte sowie Publikationen, die sich an Fachleute, die Medien oder die breite Bevölkerung richten. Die Sensibilisierung der Bevölkerung für Denkmäler, deren Geschichte, Erhalt und Übertragung an zukünftige Generationen ist ein wichtiger Teil der Arbeit als Denkmalpfleger. Deswegen ist die Organisation der jährlich stattfindenden « Europäischen Tage des Denkmals » so wichtig. « An diesen Tagen werden die Denkmäler für die Bevölkerung zugänglich gemacht. », so Frau Portmann. Ihre Geschichte wird erzählt, weshalb sie wichtige Zeitzeugen ihrer Epoche sind sowie welche Restaurationsarbeiten durchgeführt wurden – und dies wiederum fördert die Sensibilisierung für das kulturelle Erbe in unserem Kanton.

Öffentliche Gratisführungen der Baustelle in der Basilika Valeria :

Am Mittwoch den 11., 18., 25. Mai und 1. Juni 2022 um 14Uhr.
Beginn: vor Ort beim Eingangstür der Basilika.

Europäische Tage des Denkmals
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