PorträtEine zweite Heimat in Afrika

Es ist die positive Lebenseinstellung, die pure Lebensfreude der Malier, die Tanja Fux am westafrikanischen Staat so beeindruckt. Und genau diese Lebensfreude scheint wohl ansteckend zu sein. Sie ist nämlich geradezu spürbar, wenn die Adjunktin der Dienststelle für Unterrichtswesen über Mali spricht.

 

 

Mit unseren Projekten wollen wir den Bedürftigsten unter die Arme greifen.

 

In ihrem Büro an der Place de la Planta in Sitten, in dem ein Hauch von ätherischen Ölen in der Luft liegt, erzählt sie von ihrer ehrenamtlichen Arbeit als Vizepräsidentin für die Hilfsorganisation Sunvida, die 2008 von ihrer Freundin Corinne Häusler ins Leben gerufen wurde. «Mali ist eines der ärmsten und unentwickeltsten Länder der Welt. Mit unseren Projekten wollen wir den Bedürftigsten unter die Arme greifen», erklärt Tanja Fux.

Die Löhne des medizinischen Personals werden von Sunvida übernommen, ansonsten versucht sich das Gesundheitszentrum aber selbst über Wasser zu halten, etwa durch den Verkauf von Medikamenten oder sauberem Trinkwasser. Inzwischen gehört zur Station auch ein grosser Garten, in dem Gemüse angepflanzt und weiterverkauft wird. «Wir helfen vor allem beim Aufbau eines Projekts mit. Sobald dieses dann läuft, überlassen wir die Organisation den Maliern. Ziel ist es, eine nachhaltige Hilfe zu leisten. Ausserdem haben wir vor Ort gute Projektleiter, die als Vermittler auftreten, sich um alle finanziellen Angelegenheiten der Organisation in Mali kümmern und sämtliche Projekte überwachen und koordinieren», sagt Tanja Fux.

 

Es kann einfach nicht sein, dass so viele Menschen wegen einfachen Infektionen sterben.

 

Sunvida ist vorwiegend im ländlichen Manankoroni sowie in der Hauptstadt Bamako tätig. Begonnen hat alles mit dem Bau eines Gesundheitszentrums in Manankoroni. «Diese Notfallstation war unsere erste Idee. Die Dorfbewohner mussten bis dahin eine Halbtagesreise in die Stadt zurücklegen, was bei Notfällen nun einmal nicht drin liegt. Es kann einfach nicht sein, dass so viele Menschen wegen einfachen Infektionen sterben. Etwa Mütter im Kindsbett, und zwar nicht, weil es Komplikationen bei der Geburt gab, sondern lediglich, weil die Hygienemassnahmen nicht genügten.»

 

 

 

 

Es sei wichtig, dass die Bewohner befähigt seien, selbst anzupacken. Oftmals brauche es einfach nur eine Starthilfe, da es an der Basis fast an allem fehle. Vor allem aber wolle man Projekte unterstützen, die den Einheimischen auch wichtig seien. So sind inzwischen eine Grundschule in Manankoroni sowie eine Tanzschule und ein Internat in Bamako auf die Beine gestellt worden. Weiter unterstützt Sunvida auch bestehende Institutionen, die keine finanzielle Unterstützung des Staates erhalten und entsprechend auf Spendengelder angewiesen sind. Etwa das Kinderheim Nelson Mandela, welches Waisenkinder von der Strasse holt. So finanziert Sunvida den Bau eines neuen Gebäudes etwas ausserhalb der Stadt mit, um den Kindern bessere Bedingungen für eine gesunde Entwicklung zu ermöglichen.

 

 

 

 

«Es war wirklich Liebe auf den ersten Blick. Ich fühlte mich von Anhieb an sehr willkommen. Auch wenn Mali landschaftlich nicht das zu bieten hat wie andere afrikanische Länder – man kommt nicht hierher wegen der Natur oder Tierbeobachtungen – sind es eben genau die Bewohner, die einen Aufenthalt so besonders machen», ist die zweifache Mutter überzeugt.

 

Um sich von der Situation selbst ein Bild zu machen, aber vielmehr, weil Mali für sie inzwischen so etwas wie eine zweite Heimat geworden ist, reist Tanja Fux seit 2011 praktisch jedes Jahr einmal nach Afrika. Teils auch mit ihrer Familie.

 

Es sind die Bewohner, die einen Aufenthalt so besonders machen.

 

 

«Die Malier sind extrem freundlich und offen, sie leben in einfachsten Verhältnissen und führen dennoch ein zufriedenes Leben, sie lachen viel und würden einem alles geben. Die Lebenseinstellung ist dort ganz anders als bei uns in der Schweiz.»

 

 

 

 

 

Die Lebenseinstellung in Mali ist ganz anders als bei uns in der Schweiz.

 

 

 

 

 

Auf ihren Reisen verteilt die Hilforganisation Sunvida viel Material. Einen Teil nehmen die Verantwortlichen bereits aus der Schweiz mit, weitere Güter kaufen sie vor Ort. Etwa Reis, Milchpulver, aber auch lebende Tiere wie Ziegen oder Hühner. Durch letztere haben Familien täglich frischen Zugang zu Milch oder Eiern.

 

Sie weist aber auch darauf hin, dass in Mali derzeit ein Wandel stattfinde. Nicht nur aus touristischer Sicht. Frauen etwa würden vermehrt die Schule besuchen und studieren, um anschliessend bessere Jobs zu erhalten. «Aber da ist man wirklich noch ganz am Anfang. Mali ist immer noch ursprüngliches Afrika. Es ist nicht zu vergleichen mit bekannteren, touristischeren Ländern wie Kenia oder Namibia, die in ihren Entwicklungen bereits sehr städtisch und viel weiter sind», verrät die Vizepräsidentin. Aber genau darin liege ja auch der Reiz, das Abenteuer. Insbesondere für die Interessierten, die sich jedes Jahr mit auf die Reise begeben würden.

 

Der Tourismus in Mali steckt immer noch in den Kinderschuhen.

 

In den vergangenen Jahren nahmen die Präsidentin und die Vizepräsidentin der Hilfsorganisation immer wieder eine kleine Reisegruppe mit. Das seien oftmals Menschen, die eine Neuorientierung im Leben bräuchten, eine kleine Auszeit oder aber auch Familien mit Kindern. «Die Hemmschwelle ist viel geringer, wenn man mit jemandem mitreisen kann, der das Land schon kennt und gewisse Beziehungen vor Ort hat, damit man auch tatsächlich mit Land und Leuten in Kontakt kommt.» Denn das sei ansonsten in der Tat etwas schwieriger, da der Tourismus immer noch in den Kinderschuhen stecke.

 

 

 «Dieses Jahr haben wir die geplante Reise im Oktober aufgrund der Coronaviruspandemie schweren Herzens abgesagt. Aber ich denke, es ist besser so. Zum einen, um die Einheimischen zu schützen. Mali hat sich nämlich sehr früh abgeschottet und hatte die Pandemie gut im Griff. Aber auch für die Mitreisenden wollen wir kein Risiko eingehen. Die sanitären Anlagen sind eben nicht auf demselben Niveau wie bei uns.» Was ihre eigene Sicherheit angeht, hat sich Tanja Fux auf ihren bisherigen Reisen nie zu viele Gedanken gemacht. «Ich habe mich bislang nie irgendeiner Gefahr ausgesetzt gefühlt. Gelegentlich kommt es zu Konflikten zwischen einigen Völkergruppen insbesondere im Norden des Landes.»

 

 

 

In Afrika herrscht ein eigener Zeitplan.

Dennoch könne es Unvorhergesehenes geben. «Obwohl es ein ungefähres Reiseprogramm gibt – unter anderem besuchen wir die Projekte – wird dieses meist nicht in dieser Reihenfolge eingehalten. Dazwischen kommen immer wieder mal Autopannen, eine überflutete Strasse oder das Programm wird einfach spontan angepasst, weil es so grad besser passt. In Afrika herrscht ein eigener Zeitplan», führt sie weiter aus.

 

 

Die regelmässigen Reisen hätten aber einen positiven Effekt auf den Bekanntheitsgrad der Hilfsorganisation, gibt Tanja Fux preis. Dies wiederum zeige sich bei den Privatspenden. Generell käme das meiste von privaten Spendern zusammen. «Viele möchten dann aber wissen oder sehen, wohin das Geld geht. Dazu kann ich sagen, dass bei Sunvida alle ehrenamtlich arbeiten und die gespendeten Beträge zu 100 Prozent in die Projekte einfliessen. »

 

www.sunvida.ch

Mali ist ein seit 1960 von Frankreich unabhängiger Staat in Westafrika. Der Name Mali bedeutet Nilpferd in der verbreitetesten Sprache des Landes (Bambara). Noch vor der Amtssprache Französisch, die nur als Fremdsprache von rund 10 Prozent der Bevölkerung gesprochen wird, ist Bambara  mit 40 Prozent Sprecheranteil die verbreiteteste Sprache. Mali gilt als gelungenes Beispiel einer Demokratisierung in Afrika, ist aber eines der ärmsten und am wenigsten entwickelten Länder der Welt. 
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