Freispruch vom Vorwurf der Verletzung der Rassismusstrafnorm
Das Kantonsgericht hat zwei Personen mehrheitlich von den Vorwürfen der Verletzung der Rassismusstrafnorm und der mehrfachen Sachbeschädigung freigesprochen.
Die Angeklagten sollen laut Anklage, am 1. März 2016 zwischen 22:00 Uhr bis 23:30 Uhr in Brig, Glis und Naters 27 Plakate plus diverse rote Kleber mit rassistischem Inhalt angebracht haben. Videoaufnahmen belegen, wie die Beschuldigten gemeinsam mit einer unbekannten Drittperson bei der Rampe zum Sebastiansplatz an einer Bushaltestelle ein Plakat mit undefinierbarem Inhalt fixieren. Der Fall birgt, was den zu beweisenden Sachverhalt betrifft, verschiedene Probleme:
- Die roten Kleber sind laut Strafanzeigen nicht in der gleichen Nacht fixiert worden wie die Plakate. Das Gericht erkennt deswegen keinen genügenden Zusammenhang zwischen dem Anbringen von Plakaten und Klebern, um die Beschuldigten dafür zur Verantwortung zu ziehen.
- Aufgrund der zeitlichen und örtlichen Nähe sowie des vergleichbaren Verhaltens besteht zweifellos ein Zusammenhang beim Anbringen der 27 Plakate. Weitere Beweise zur Täterschaft wie Fingerabdrücke, DNA-Spuren, Zeugen oder andere Videoaufnahmen fehlen. Das Kantonsgericht zweifelt aufgrund des engen Zeitfensters, welches für die Tatbegehung bestanden hat, dass sämtliche Affichen nur von den gefilmten Personen und nicht im Rahmen einer koordinierten Aktion durch weitere Drittpersonen fixiert worden sind.
- Die Akten enthalten keine Originalplakate, aber wenige Fotografien von Überresten der entfernten Plakate. Die Verbleibsel sind zu klein, um den Inhalt der entfernten Anschläge zu bestimmen, allerdings lässt sich daraus zweifellos ersehen, dass neben den aktenkundigen 2 Plakatvarianten weitere verwendet worden sind. Das Kantonsgericht kennt den Plakatinhalt somit einzig an 2 der 27 Stellen.
Die Rassismusstrafnorm schützt Personen oder Gruppen, die wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion angegriffen werden. Die Plakate wenden sich, soweit deren Inhalt überhaupt bekannt ist, gegen eine «Asylflut». Fotos von Menschen sind darauf abgebildet, wobei deren Rasse oder Ethnie nicht eingegrenzt werden kann. Die Affichen richten sich im vorliegenden Fall somit nicht gegen eine konkrete Ethnie, Rasse oder Religion, sondern gegen den rechtlichen Status Asyl. Solche Äusserungen sind nicht mit der Rassismusstrafnorm sanktionierbar.
Es bleibt aufgrund der Videoaufnahme beim Sebastiansplatz einzig eine Verurteilung wegen Sachbeschädigung.
Sitten, 24. Oktober 2019 Dr. Thierry Schnyder
Präsident Strafabteilung I
Kantonsgericht Wallis