Aufhebung einer stationären therapeutischen Massnahme und Anordnung der Verwahrung
Bundesgericht klärt offene Verfahrensfragen und weist den Fall zur neuen Entscheidung an das Kantonsgericht zurück
Mit Urteil vom 22. Oktober 2018 hatte der Einzelrichter der Strafkammer des Kantons-gerichts den Entscheid des Straf- und Massnahmenvollzugsgerichts bestätigt, d.h. die bisherige stationäre therapeutische Massnahme mangels Erfolgs aufgehoben und statt-dessen wegen der hohen Rückfallgefahr sowie der Gefährlichkeit des Verurteilten dessen Verwahrung angeordnet. Dagegen hatte der Betroffene Beschwerde beim Bundesgericht erhoben und dabei nebst anderem gerügt, die kantonale Zuständigkeitsregelung verletze Bundesrecht und über die Verwahrung hätte ein Kollegialgericht entscheiden müssen. In seinem Urteil 6B_1098/2018 vom 21. März 2019 bestätigt das Bundesgericht die Rechtmäs-sigkeit des im Kanton Wallis praktizierten Vollzugsgerichtsmodell, in welchem das Straf- und Massnahmengericht gleichzeitig über die Aufhebung einer Massnahme und die An-ordnung der Verwahrung entscheidet. Hingegen erkannte es, dass im anschliessenden Rechtsmittelverfahren ein Kollegialgericht darüber zu befinden hat. Deshalb hob es das Urteil des Einzelrichters auf und wies es die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück.
Das Bundesgericht setzte sich im Urteil 6B_1098/2018 mit diversen formell-rechtlichen Fragen zum nachträglichen Massnahmenverfahren auseinander. Deutschschweizer Kantone sehen diesbezüglich mehrheitlich eine zweigeteilte Zuständigkeitsordnung mit einem je separaten In-stanzenzug vor, wonach in einem ersten Schritt die Vollzugsbehörde über die Aufhebung einer Massnahme und – nach Ausschöpfung dieses Instanzenzugs und Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheids – in einem zweiten Schritt eine gerichtliche Instanz über die Folgen entscheidet (E. 1.4). Bislang war vom Bundesgericht nicht geklärt worden, ob die Vereinigung dieser beiden Kompetenzen – Aufhebung bzw. Anordnung der Rechtsfolgen – in einer einzigen gerichtlichen Instanz, wie sie namentlich in den Kantonen Wallis, Genf, Waadt und Tessin praktiziert wird, zulässig ist (E. 1.4). Das Bundesgericht bestätigte in seinem Urteil das im Kanton Wallis vor-herrschende Vollzugsgerichtsmodell als rechtmässig: Das Straf- und Massnahmenvollzugsge-richt kann in einem einzigen Entscheid eine Massnahme aufheben und über die Rechtsfolgen befinden. Es begründete dies insbesondere damit, dass die Kantone in der Gerichts- und Be-hördenorganisation frei seien und bei genauerer Betrachtung eine strikte Unterscheidung zwi-schen dem Vollzugsentscheid verwaltungsrechtlicher Natur und dem strafrechtlichen Folgeent-scheid nicht zwingend sei. Eine zeitliche Staffelung der Entscheide sei vom Bundesrecht her nicht vorgeschrieben (E. 1.5).
Das Bundesgericht schaffte überdies Klarheit hinsichtlich der gesetzesmässigen Besetzung der Beschwerdeinstanz bei einer gegen den nachträglichen Massnahmenentscheid erhobenen Be-schwerde (Art. 363 ff. i.V.m. 393 ff. StPO). Dazu erwog es, Gesetz, Botschaft und Lehre wür-den diese Frage nicht eindeutig beantworten. Nach einer Auslegung des Gesetzes kam es zum Schluss, dass aufgrund der Tragweite des Entscheids ein Kollegialgericht über die Anordnung einer nachträglichen Verwahrung befinden muss (Art. 19 Abs. 2 lit. b i.V.m. Art. 379 StPO).
Sitten, 29. März 2019
Kantonsgericht Wallis
In dieser Angelegenheit werden vom Kantonsgericht keine weiteren Informationen oder Kommen-tare abgegeben.