Fall « tweet » von Jean-Luc Addor
In seinem Urteil vom 23. Mai 2017, den Parteien am 16. August 2017 zugestellt, hat das Bezirksgericht Sitten Jean-Luc Addor wegen Rassendiskriminierung schuldig gesprochen und zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 300.- mit einer Probezeit von 2 Jahren verurteilt. Jean-Luc Addor wurde zusätzlich zu einer unbedingten Busse von Fr. 3'000.-, bei schuldhaftem Nichtbezahlen ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe von 10 Tagen, verurteilt. Die Untersuchungs- und Gerichtskosten wurden dem Beschuldigten auferlegt, welcher seine Interventionskosten selber trägt.
Das Bezirksgericht Sitten kam zum Ergebnis, dass Jean-Luc Addor, als er am 22. August 2014 in den Minuten nach einer Schiesserei in einer Moschee in St. Gallen, die ein Todesopfer forderte, auf seinen Twitter- und Facebook-Konten "On en redemande !" verfasste, sowohl objektiv als subjektiv gegen die Strafnorm gegen Rassendiskriminierung (Art. 261bis StGB) verstossen hat.
Das Gericht befand einerseits, dass ein durchschnittlicher, unachtsamer Leser nicht in der Lage war, im fraglichen „tweet“ irgendeine Ironie zu erkennen, und dieser „tweet“ anderseits den Eindruck erweckte, dass die Mitglieder der muslimischen Gemeinschaft aufgrund ihrer religiösen Angehörigkeit minderwertige Menschen seien. Indem diese diskriminierende Botschaft an eine unbestimmte Anzahl Personen adressiert war, war sie objektiv geeignet, eine feindselige Haltung gegenüber der muslimischen Gemeinschaft zu schaffen, zu stärken oder zu unterstützen.
Schliesslich hat Jean-Luc Addor in Anbetracht seiner juristischen und politischen Erfahrung, seiner systematische Stigmatisierung des Islams in den Wochen vor den streitigen Äusserungen und der Bedeutung des Risiko, dass dieser „tweet“ ernst genommen wird, die möglichen Auswirkungen seines „tweets“ billigend in Kauf genommen.
Sitten, 17. August 2017
Bezirksgericht Sitten
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